In der Schule werden Zusammenfassungen, Nacherzählungen und Charakterisierungen im Deutschunterricht durchgenommen, um den Schülern die Grundlagen für die eigentliche Königsdisziplin zu vermitteln – das Interpretieren. Dies ist nicht nur ein Thema das unterrichtet wird, es begleitet die Schüler bis zum Abitur.
Bei Tieren jedoch interpretieren Menschen, den Gefühlszustand, wie es ihnen beliebt. Doch wie sicher sind die Aussagen, der Tierbesitzer und –Liebhaber oder gar unsere eigenen?
Mein Deutsch-LK Lehrer sagte immer:“Jede Interpretation ist richtig, wenn Sie sie mit mehreren Textstellen belegen können!“
Wie kann ich sicher sein, dass meine Interpretation richtig ist?
Da viele Tiere sich hauptsächlich über ihren Körper (Ausdrucksverhalten) mitteilen ist der Schlüssel einer richtigen Interpretation das Beobachten und Zusammenfassen. Um das Auge zu schulen und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, ist das reine Beobachten ohne eine Interpretation, die Anfangsübung. Ebenso wichtig ist das Wissen über die Bedeutung der verschiedenen Ausdrücke des Tieres.
Nicht all zu selten wird dem Tier eine menschliche Verhaltensweise unterstellt. Gerade der Ausspruch: „Der weiß ganz genau was ich will, der will mich nur ärgern!“
Tiere kennen jedoch Handeln mit Vorsatz nicht, diese Eigenschaft anderen bewusst Schaden zu zufügen ist reine menschliche Verhaltensweise.
Bei Schaden zufügen ist nicht das Umschmeißen randvoller Mistkarren gemeint, welches sich manche Pferde zum Hobby gemacht haben. Sicherlich kostet es Zeit und Kraft den Mist erneut in die Karre zu schippen, jedoch aus Sicht des Pferdes ist das Urkomisch. Erst wenn die Karre randvoll ist regen die Menschen sich so herrlich auf, sie fluchen, motzen, meckern herum bis die Karre wieder voll beladen ist – Bühnenprogramm der besten Sorte – zumindest aus der Sicht des Pferdes.
Wie auch bei den Menschen gibt es einige Tiere die auf eine andere Weise sich Aufmerksamkeit verschaffen. Vernachlässigte Kinder benehmen sich manchmal unmöglich – sie betteln förmlich nach „Schlägen“, wenn die Eltern das Kind dann anschreien, hat es ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, zwar mit negativen Energien aber es ist ihre volle Aufmerksamkeit.
Ich beobachtete eine Kundin beim Warmführen ihres Pferdes, dass ich gleich Physiotherapeutisch behandeln sollte. Sie ließ den jungen Wallach hinter sich her laufen und unterhielt sich mit den anderen Reitern in der Bahn über Gott und die Welt. Kein ungewöhnlicher Anblick in einer Reithalle. Der Wallach fing nach einer halben Runde an ihr in die Haare und in die Jacke zu beißen. Sie drehte sich um und schimpfte mit ihm, danach ging sie genau so weiter wie zu vor. Als ich sie fragte ob er das häufiger mache, sagte sie nur: „Ja ja der will mich nur ärgern.“In diesem Moment unterstellte die Besitzerin ihrem Pferd eine menschliche Verhaltensweise – sie vermenschlicht ihr Pferd. Leider wird der Begriff vermenschlichen sehr häufig fehlinterpretiert. Damit ist nicht der Hund gemeint der mit seinen Besitzern im Bett schläft, sondern wenn einem Tier menschliche Verhaltensweisen zugeschustert oder unterstellt werden. Hierunter fällt das ebengenannte Handeln mit Vorsatz.
Handeln mit Vorsatz wird den Tieren leider nur allzuoft angedichtet, meist aus mangelder Beobachtung, um den Kreis an dieser stelle zu schließen.
Von daher, versuche einfach mal zu beobachten ohne zu interpretieren.
Hier ein Beispiel:
Ich beobachte die Körpersprache des Tieres, vergesse dabei nicht den Überblick über die Gesamtsituation – fasse es zu einem Ausdruck zusammen und erhalte hierrüber meine Interpretation.
Klingt in der Theorie recht einfach, erfordert jedoch in der Praxis ein gutes Auge sowie Intuition.
Beobachtungsaufbau:
Eine Beobachtung ist eine wertfreie Aufzählung von Tatsachen.
* Kopf ist nach links gerichtet
*Ohren nach vorn(links) gerichtet
* Augen sind nach vorn(links) gerichtet
* Kopf ist gehoben
*Maul ist leicht angespannt
*Nüstern sind leicht gebläht
Die meisten hätten bei diesem Bild sofort eine Interpretation abgegeben -> Das Pony hat links neben sich etwas gehört/gesehen. Oder -> Es ist aufmerksam!
In diesem Fall wäre die Interpretation auf das selbe Ergebnis gekommen, jedoch ist dies die Ausnahme.
Tiere lernen, wenn sie in einer sozialkompetenten Gemeinschaft aufwachsen, von Geburt ab an ein nuaciertes Verhalten. Genau diese Nuancen helfen uns Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Auch in unseren menschlichen Beziehungen kann das ausgiebige Beobachten, ohne vorschnelle Interpretation, von Vorteil sein.
Im Umgang mit unseren jüngsten Mitmenschen, die vielleicht noch nicht sprechen können, aber auch bei denen die es schon können ist die Beoabachtungsgabe ein wertvoller Schlüssel, denn häufig sagt der Körper etwas ganz anderes aus, wie der Mund.
Übe dich im Beobachten!
Versuche Situationen von außen wertfrei zu betrachten ohne zu urteilen.
Hierrüber erlangst du einen ganz anderen Zugang zu Mensch und Tier und schlussendlich auch zu dir selbst.
Dies können ganz unterschiedliche Situationen sein.
Gänse die sich am nahegelgenem Bach putzen, Freunde die sich unterhalten, Hunde die spielen oder Schafe die mit ihren Lämmchen auf einer Wiese grasen.